Business Circle: Sehr geehrter Herr Dr. Steinmaurer, Sie sind Geschäftsführer der RTR. Möchten Sie uns eingangs kurz skizzieren, wie Sie Ihr Weg dorthin geführt hat?
Klaus Steinmaurer: Danke für die Frage Herr Hofmann. Wie es mit den beruflichen Wegen so ist, sie sind nicht ganz gerade, aber im Rückblick bauen sie gut aufeinander auf. Schon während meiner Studienzeit hat es mich sehr bald in die Wirtschaft gezogen. Nach einer Station in der Bauindustrie war das dann mein USP um beim ersten privaten Mobilfunker in Österreich 1996 anzuheuern. Es ging ja darum, ein Netz aufzubauen und da waren Kenntnisse in Baurecht von Vorteil. Da zu dieser Zeit alles neu war, Österreich gerade in der EU und die Telekomliberalisierung erst am Beginn, gab es viel rechtlichen und ökonomischen Gestaltungsspielraum. Da durfte ich von Anfang an mitmachen und für mein damaliges Unternehmen die Regulierungsangelegenheiten managen. Nach 20 Jahren ein kurzer Abstecher in die Anwaltspraxis und dann schnell zurück in die Regulierungabteilung der Deutschen Telekom mit Verantwortung für ganz Europa. Hier wurde mir so richtig auch die europäische Dimension der Telekomregulierung voll bewusst. Als sich dann 2018 die Chance ergab die gesammelten Erfahrungen für Österreich einzusetzen, habe ich nicht lange gezögert und mich beworben. Mit der notwendigen intrinsischen Motivation und einem tollen Expert:innenteam darf ich seit Juli 2019 die Telekomregulierung in unserem Land jetzt mitgestalten.
BC: Ab wann hat die RTR begonnen, sich mit dem Thema KI zu beschäftigen und was waren Ihre ersten Schritte?
Steinmaurer: Eigentlich ist das Thema KI immanent der TK Regulierung im weiteren Sinne. Im Zusammenhang mit dem Aufkommen generativer KI Modelle gibt es aber auch viele Anknüpfungspunkte zum Medienbereich. Die Organisation der RTR bildet daher in sich eine ausgezeichnete Ausgangslage um dieses Thema breit zu erfassen. Konkret beschäftigt haben wir uns dann gemeinsam RTR Telekom und RTR Medien gleich zu Beginn der Diskussion Anfang 2023 weil wir überzeugt waren, dass es unabhängig vom AI Act wichtig ist hier frühzeitig einen Rahmen zu schaffen, der für Konsument:innen und die Wirtschaft Unterstützung bietet das Thema zu verstehen, die Chancen zu erkennen und die Risiken zu verstehen und zu managen. Das war dann auch der Ursprung für die Idee der KI Servicestelle und ihres Leitbildes "Chancen nutzen und Risiken managen ", die wir gemeinsam mit der Politik dann bis Anfang 2024 auf den Weg gebracht haben.
Österreich ist im europäischen Vergleich bereits sehr gut aufgestellt
BC: Welches sind die KI Services der RTR und wie können österreichische Unternehmen davon profitieren?
Steinmaurer: Im Wesentlichen geht es aktuell um vier Schwerpunkte.
a) erklären und zugänglich machen
b) Beratungsfelder identifizieren und informieren
c) Veranstaltungen und Studien zu relevanten Fragen organisieren
d) Vorbereitung und Koordination in Hinblick auf zukünftige Behördenstrukturen.
Wir sind im europäischen Vergleich damit bereits sehr gut aufgestellt und arbeiten ständig gemeinsam bereichs- und behördenübergreifend daran, hier für eine zukünftige Regulierung Standards zu entwickeln, die den Servicecharakter in den Vordergrund stellen.
BC: Daten, die unter personendaten- oder patentrechtlichen Schutz fallen, werden – meist aus Unachtsamkeit – bei Prompts schnell eingegeben und sind dann irgendwo in den Weiten des Netzes. Was sollte im Hinblick darauf in der DSGVO angepasst oder geändert werden?
Steinmaurer: Hier sind sicher die Kollegen in der DSB die berufeneren, Antwort zu geben. Persönlich denke ich, dass die DSGVO einen guten rechtlichen Rahmen bildet, mit dem es zu arbeiten gilt. Es ist heute noch zu früh, irgendwelche Empfehlungen zu geben. Im kommenden Review wird es sicher Zeit und Raum geben, darüber zu diskutieren ob es Anpassungsbedarf gibt oder nicht. Es ist aber auch das Thema Leistungsschutzrecht und Netzneutralität von Bedeutung. Auch hier gibt es Regeln. Die Zeit wird weisen, wann und wo es Anpassungsbedarf gibt. Ich plädiere aber dafür, hier mehr auf gemeinsames Lernen zu setzen und alle Schritte mit Bedacht zu überlegen. Eine ad hoc Regulierung von jedem Problem ist einer positiven ökonomischen Entwicklung nicht dienlich und hilft am Ende niemanden.
BC: Daran anschließend: Zumindest das Management sollte schon genau wissen, wie ein KI Tool funktioniert und mit welchen Daten es gefüttert wird. Welches sind in Ihren Augen die wichtigsten Kenntnisse, die man haben sollte?
Steinmaurer: Mit der Umsetzung der DSGVO sollte in den meisten Unternehmen bereits eine gute Grundlage dafür bestehen, zu wissen, wie welche Daten zu verwenden sind. Das ist ganz unabhängig von der KI zu verstehen, die ja im Wesentlichen ein Tool oder einen Prozess bzw. eine Methode abbildet. Das zweite Thema ist die Aufgabe des Managements, die Mitarbeiter umfassend im Umgang mit diesen Tools und den notwendigen Informationen zu schulen. Der Einsatz von KI ist immer im Einzelfall zu beurteilen. Daher ist es wichtig, sich im Vorfeld umfassend mit allen relevanten Fragen dazu auseinanderzusetzen. Als KI Servicestelle wollen wir hier unterstützen. Diese Pflicht des Managements ist aber auch nichts Neues, sondern ergibt sich schon aus der Gewerbeordnung.
BC: Wie ist Ihre Einschätzung zur Einwirkung KI-gestützter Systeme auf den Arbeitsmarkt? Welche Qualifikationen werden zukünftig häufiger gebraucht werden, welche Jobprofile werden verschwinden? Wie wirkt sich das speziell im Bereich niedriger (schulischer) Qualifikation aus?
Steinmaurer: Hier heute Prognosen zu geben, ist nicht seriös und auch nicht sinnvoll. Jedes Extrem ob apokalyptische Zustände bis hin zum Himmel auf Erden mag sich vielleicht für den einen oder anderen Berater auszahlen, hilft aber niemanden und vor allem verstellt es den Blick auf Chancen und Risiken zugleich.
Was man sagen kann ist, dass es Auswirkungen haben wird bzw. schon hat. Und was man auch sagen kann ist, dass die schulische Qualifikation sicher keine Jobgarantie ist, wenn das Wissen, das benötigt wird ein anderes ist, als das erlernte. Und wir müssen uns auch bewusst sein, dass vieles was wir heute für einzigartig oder kreativ halten wahrscheinlich die KI schon mindestens so gut kann. Auch über die juristische Arbeit wird man reflektieren müssen.
BC: Abschließend: Sie gehen jetzt schon seit über 20 Jahren einen gemeinsamen Weg mit uns. Was ist für Sie das Besondere an Business Circle?
Steinmaurer: Business Circle war und ist immer eine tolle Plattform zu Wissensvermittlung für Praxis. Es wird hier genau die Brücke zwischen Theorie und Praxis geschlagen, die es benötigt um erfolgreich wirtschaften zu können. Das ist genau die Philosophie wie ich auch meine eigene persönliche Arbeit verstehe. Ihr bietet Seminare mit Sinn und praktischen Mehrwert, Vernetzung inklusive! 😉!
BC: Lieber Herr Dr. Steinmaurer, Danke für das Gespräch. Wir freuen uns auf Ihren Input auf der PriSec!
Dr. Klaus Steinmaurer ist Geschäftsführer der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH für den Fachbereich Telekommunikation und Post. Davor war er als Vice President International Regulatory Affairs Europe bei der Deutschen Telekom AG tätig. Herr Dr. Steinmaurer arbeitet bereits seit mehr als 20 Jahren in der Telekommunikationswirtschaft. Im Rahmen der PriSec gestaltet er zusammen mit Dr. Rainer Knyrim einen Espresso-Talk zum Thema: „Die RTR als KI-Servicestelle für Unternehmen“