Mehr Patientensicherheit: unerwünschte Wechselwirkungen bei Medikamenten vermeiden
Nach dem Start der Elektronischen Gesundheitsakte in den Spitälern in Wien und in der Steiermark Ende 2015 ging ELGA im Mai 2016 im steirischen Bezirk Deutschlandsberg mit der e-Medikation in die nächste Ausbaustufe. Die e-Medikation stellt einen Meilenstein in Bezug auf die Patientensicherheit dar. Sowohl der Patient selbst als auch der Arzt, die Apotheke, eine Ambulanz oder ein Spital haben mit e-Medikation einen aktuellen Überblick über die verordneten bzw. abgegebenen Medikamente. Das minimiert die Risiken unerwünschter Wechselwirkungen bzw. Mehrfachverordnungen und erhöht die Sicherheit gerade bei älteren oder multi-morbiden Menschen, die mehrere Medikamente gleichzeitig einnehmen müssen.
Der Nutzen von e-Medikation ist eindeutig und unwiderlegbar
Unzureichende Informationen über den aktuellen Medikationsstatus von Patienten können zu Mehrfachverordnungen und unter Umständen sogar zur Überdosierung eines in diesen Medikamenten enthaltenen Wirkstoffes führen. Bekannt ist auch, dass vor allem die Kombination unterschiedlicher Medikamente zu unerwünschten Wechselwirkungen führen kann. Die von der Medizinischen Universität Wien durchgeführte wissenschaftliche Evaluierung des Pilotbetriebes in einigen Bezirken in Wien, Oberösterreich und Tirol von 2011 hat ergeben: Bei 5.431 teilnehmenden Patientinnen und Patienten traten mehr als 10.500 Wechselwirkungswarnungen auf. Bei 110 handelte es sich um schwere Wechselwirkungen, die ernsthafte gesundheitliche Schäden nach sich ziehen oder im schlimmsten Fall sogar tödlich enden können.
e-Medikationsliste - Ansicht GDA über e-card Weboberfläche
Der Status quo in Deutschlandsberg
Für den Probebetrieb in Deutschlandsberg haben sich rund 30 Vertragsärzte, 9 Apotheken, das Landeskrankenhaus und ein Pflegeheim zur freiwilligen Teilnahme angemeldet. Mit Stand Mitte September 2016 nutzen 17 Ärzte regelmäßig die e-Medikation und es kommen laufend weitere dazu, die in den nächsten Tagen mit der erforderlichen Software ausgestattet werden. 7 Apotheken arbeiten seit Anfang des Probebetriebes mit e-Medikation, eine weitere Apotheke wird demnächst damit starten und auch die neunte Apotheke des Bezirks hat sich jetzt angemeldet. Somit sind nun alle Apotheken im Bezirk Deutschlandsberg mit an Bord. Von den teilnehmenden Ärztinnen und Ärzten wurden bisher bereits rund 46.000 Verordnungen in e-Medikation gespeichert.
Durchwegs positives Feedback von teilnehmenden Ärzten und Apotheken
Bei optimaler Integration in die Arzt- bzw. Apothekensoftware ist die e-Medikation im täglichen Arbeitsablauf nicht spürbar. Den Kern von e-Medikation bildet die sogenannte „e-Medikationsliste“. In dieser sind alle verordneten und abgegebenen Medikamente zentral gespeichert und abrufbar. Dies umfasst nicht nur rezeptpflichtige Arzneimittel, sondern auch wechselwirkungsrelevante OTC-Produkte, die in den Apotheken rezeptfrei abgegeben werden. Die Ärzte schätzen vor allem, dass sie auf die e-Medikationsliste zugreifen können: So sehen Sie, was andere Ärzte bereits verordnet haben und welche Medikamente vom Patienten in der Apotheke abgeholt wurden. Selbst Hausärzte, die anfangs skeptisch waren, konnten besonders in Urlaubs- und Vertretungssituationen von den Vorteilen der e-Medikation überzeugt werden.
Selbst Hausärzte, die anfangs skeptisch waren, konnten besonders in Urlaubs- und Vertretungssituationen von den Vorteilen der e-Medikation überzeugt werden.
Bessere Beratung in den Apotheken
Die Apotheker können, nachdem die e-card des Kunden gesteckt wurde, ebenfalls auf die e-Medikationsliste zugreifen und so eine bessere Beratung beim zusätzlichen Kauf von rezeptfreien Medikamenten anbieten. Ärzten und Apothekern steht durch die e-Medikation eine deutlich verbesserte und sicherere Möglichkeit zur Verfügung, die individuelle Medikation eines Patienten auf Wechselwirkungen und Mehrfachverordnungen hin zu überprüfen. Mit dieser qualitativ hochwertigen Daten- und Informationsbasis wird die Behandlung unterstützt und ein wesentlicher Beitrag zu mehr Patientensicherheit geleistet. Damit dieser Nutzen in vollem Ausmaß zum Tragen kommt, ist jedoch zumindest auf regionaler Ebene die rasche flächendeckende e-Medikation-Einführung für alle Ärzte und Apotheken in der Region zwingend erforderlich. Denn nur, wenn alle behandelnden Ärzte und Apotheken gleichermaßen konstant und vollständig Daten in e-Medikation erfassen, bringt die e-Medikationsliste Nutzen. Das bestätigen auch die Rückmeldungen aus dem Bezirk Deutschlandsberg.
Welche Erfolge konnten bereits erzielt werden?
Als weitere entscheidende Erfolgskriterien für den österreichweiten Rollout haben sich im Probebetrieb die nahtlose und benutzerfreundliche Einbindung in die bereits in den Praxen und Apotheken eingesetzte Arzt- und Apothekensoftware, rasche Reaktionszeiten und eine hohe Benutzerakzeptanz des Systems herausgestellt. In diesen Punkten konnten in den vergangenen Wochen und Monaten entscheidende Fortschritte erzielt werden. Anfängliche Performance-Schwierigkeiten wurden in Zusammenarbeit mit den Ärzten, Apotheken, den Softwareherstellern und den Projektverantwortlichen weitgehend gelöst.
e-Medikation ist bereits in 8 Arztsoftwareprodukten und 3 Apothekensoftwareprodukten im Einsatz. Mit den im Bezirk Deutschlandsberg eingesetzten Arztsoftwareprodukten, könnten bereits 90% der steirischen Ärzte mit dem e-card System mit e-Medikation versorgt werden. Auch bei den eingesetzten Apothekensoftwaresystemen kann eine Reichweite von 85% in der Steiermark erzielt werden.
Patienten können ihre Gesundheitsdaten einsehen
Über das ELGA-Portal unter www.gesundheit.gv.at können auch Bürger selbst alle eigenen ELGA-Gesundheitsdaten (e-Befunde, e-Medikationsliste) einsehen. Voraussetzung dafür ist eine Handysignatur oder Bürgerkarte.
Bei der e-Medikation geht es um die Gesundheit und Sicherheit von Patienten. Deshalb muss die e-Medikation möglichst rasch in ganz Österreich zur Verfügung gestellt werden. Denn nur, wenn diese von allen Ärztinnen und Ärzten und allen Apotheken durchgängig verwendet wird, bringt die e-Medikation Nutzen und Akzeptanz bei allen Beteiligten.
Yvonne Lang, Projektmanagerin bei SVC, spricht am E-Health Forum am 20. / 22. Okober 2016 in Mauerbach bei Wien.