Business Circle: Sehr geehrter Herr DI Mag. Tschabuschnig, Sie sind Digitalsierungsexperte für das BMF, BMI und BMAW. Zuvor haben Sie den IT-Bereich der Österreichischen Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik geleitet. Wie sind Sie zu dem gekommen, was Sie jetzt tun?
Günther Tschabuschnig: Daten waren schon immer meine Passion. Als ich mein Studium an der TU (Informatik) und an der WU (Management) machte, hatte ich einen guten Freund, der Investmentbanker war. Ich frage ihn - „was sollen wir investieren, damit wir als arme Studenten ein wenig mehr Geld bekommen könnten“. Er riet mir zu Gold. 9 Monate später waren meine Anteile von der Goldmine in die ich investiert habe, keinen Cent mehr wert. Von da an wusste ich: Trau keinem Investmentbanker und setz nicht mehr auf endliche Ressourcen wie Gold, sondern auf unendliche wie Daten.
Auch aktuell beschäftige ich mich dem Treibstoff der Zukunft. Daten und Digitalisierung - für das Finanzministerium, für das Innenministerium und das Wirtschaftsministerium.
BC: Außerdem sind Sie Präsident der Data Intelligence Offensive (DIO). Stellen Sie uns doch kurz die Arbeit von dieser vor.
Tschabuschnig: Österreichs Digitalwirtschaft nimmt eine internationale Vorreiterrolle bei der intelligenten Nutzung von Daten ein. Sie kann mit großen Datenmengen zum Wohl aller umgehen und mit Datenanbieter:innen und Datensuchenden unter Einhaltung des Datenschutzes einen neuartigen Marktplatz bilden.
Daran arbeitet die DIO indem Sie Datenproduzenten, Datenkonsumenten und Datenverarbeiter vernetzt. Die DIO unterstützt ihre Partner und Mitglieder sowie die Öffentlichkeit beim Übergang in die Datenwirtschaft, beim Einsatz und der Optimierung relevanter Technologien, bei der Marktbildung und beim Management von Daten in Sicherheit und Vertrauen.
KI ethisch und verantwortungsvoll einsetzen
BC: Der Hype um Blockchain-Lösungen ist ja wieder etwas abgeflacht. Derzeit ist ChatGPT das neue „heiße Zeug“, was denken Sie, das in zwei Jahren von diesem Hype noch übrig sein wird?
Tschabuschnig: In den nächsten Jahren wird sich die Technologie weiterentwickeln und immer fortschrittlicher werden. Chatbots werden in der Lage sein, komplexere Aufgaben zu erledigen und menschenähnlicher zu kommunizieren, was sie zu wertvollen Werkzeugen für Unternehmen und Organisationen machen wird.
Allerdings wird es auch weiterhin Diskussionen und Debatten darüber geben, wie ethisch und verantwortungsvoll KI eingesetzt werden sollte. Die Regulierung von KI und Chatbots wird ein wichtiger Faktor für die Akzeptanz und das Vertrauen in diese Technologien sein.
BC: Welche ethischen und Compliance-Probleme könnten Ihres Erachtens durch den verstärkten Einsatz künstlicher Intelligenz neu entstehen und wie wäre da am besten gegenzusteuern?
Tschabuschnig: KI-Algorithmen werden auf Basis von Daten und Algorithmen trainiert, die von Menschen entwickelt wurden. Wenn diese Daten und Algorithmen unabsichtlich oder absichtlich Voreingenommenheit enthalten, kann dies dazu führen, dass die KI-Systeme diskriminierende Entscheidungen treffen. Wenn KI-Systeme Entscheidungen treffen, die Auswirkungen auf Menschen haben, muss geklärt werden, wer dafür verantwortlich ist. Es muss auch geklärt werden, wer für Schäden haftet, die durch Entscheidungen von KI-Systemen verursacht werden. Daher braucht es Transparents und dass die Entscheidungen, die Maschinen treffen, erklärt werden können.
Unternehmen und Organisationen müssen sicherstellen, dass sie ethische Richtlinien und Compliance-Programme haben, die die Verwendung von KI-Systemen regeln. Es ist wichtig, dass diese Richtlinien und Programme auf den spezifischen Einsatzbereich von KI-Systemen zugeschnitten sind und die oben genannten Probleme berücksichtigen.
BC: Sie unterrichten an der FH Wien, der FH St. Pölten und an der TU Wien. Ist Österreich im internationalen Vergleich hinsichtlich der Förderung von Nachwuchstalenten gut aufgestellt?
Tschabuschnig: Wir liegen im guten Mittelfeld. Dass das Thema aber auch politisch als enorm wichtig angesehen wird, wird durch die Initiative „Digital Still“ von STS Tursky unterstrichen. Mir persönlich ist es ein Anliegen, der Jugend einen Einblick in die Datenwelt der Wirtschaft zu geben - daher liebe ich es, zu unterrichten und mein Wissen weiterzugeben.
BC: Daran anschließend: Welche Tipps haben Sie an junge Menschen, die sich für eine Karriere im Daten- und Prozessmanagement interessieren?
Tschabuschnig: Die Möglichkeiten sind mannigfaltig. Einerseits gibt es ja noch immer die DIO - die Dataintelligene Offensive oder aber auch unseren Schwesternverein für Studierende - die Datanauts. Für Einsteiger schreiben wir auch einen Blog - der die Grundlagen im Datenbereich erklärt: Reinschauen! Fragen! Mich anschreiben! Diskutieren!
www.dataintelligence.at
Blog: Datenwissenschaft mehr als nur Nullen und Einsen
BC: Daten als Rohstoff; Prozesse als Umsetzung: was wäre das wichtigste Learning, das das Publikum aus Ihrem Vortrag mitnehmen soll? Welches Mindset, welche Gedanken möchten Sie initiieren?
Tschabuschnig: Daten sind besser als Gold. Warum - das erkläre ich ihnen an Hand von praktischen Beispielen und Hands on :)
BC: Lieber Herr Tschabuschnig, wir danken Ihnen für dieses Gespräch und freuen uns, Sie am 26. Mai bei uns zu begrüßen!
DI Mag. Günther Tschabuschnig ist Digitalsierungsexperte für das BMF, BMI und BMAW. Davor leitete er als Chief Information Officer den IT-Bereich der Österreichischen Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik mit einem großen Rechenzentrum. Tschabuschnig ist Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft für Datenverarbeitung (ADV) und Präsident der Data Intelligence Offensive (DIO). Er unterrichtet auf der FH Wien, FH St. Pölten und TU Wien. Am 26. Mai 2023 gibt er im Rahmen des Forums „Process meets Automation“ einen Impuls zum Thema Daten als Rohstoff; Prozesse als Umsetzung.