Automobilisierung bedeutet Wohlstand. Vor allem in den Nachkriegsjahren erlebte die Automobilindustrie einen kräftigen Zuwachs. Als direkte Konsequenz daraus haben sich Städte an diesen Wohlstand nach dem Prinzip „panta rhei“ angepasst: Der Verkehr sollte fließen. Zudem wurde darauf geachtet, dass genügend Abstellflächen vorhanden sind. Die Zahl der Autos stieg an, das Straßennetz wurde weiter ausgebaut und nahezu jeder freie Fleck als Abstellfläche verwendet. Das ursprüngliche Stadtplanungskonzept war somit komplett ausgereizt. Gleichzeitig entwickelten sich Anfang der 1990er-Jahre neue Konzepte: Nahmobilität oder die Stadt der kurzen Wege. Seit 2012 registriert man jedoch wieder eine Zunahme des Autoverkehrs. Doch eines ist klar: Die Automobilbranche steht vor einer Wende. Denn um die Ziele für die kommenden zehn Jahre zu erreichen, müssen etwa 40 % an Kohlendioxid Emissionen eingespart werden. Was ist also konkret zu tun?
Neue Anreize schaffen
Von alleine wird sich wohl kaum etwas ändern, es bedarf eines flächendeckenden und vor allem eines gesellschaftspolitischen Umdenkens. In Augsburg ist es seit kurzem möglich, eine Mobilitätsflatrate zu erwerben. Mit dieser Flatrate können Kunden der Augsburger Stadtwerke zu einem monatlichen Festpreis beliebig oft Bus und Straßenbahn fahren, aber auch Leihräder und Carsharing nutzen. Das Ziel: Die Menschen weg von den Autos, hin zu alternativen Angeboten – im wahrsten Sinne des Wortes - bewegen.
Mobilität muss leistbar sein
Hand aufs Herz: Fragen Sie sich nicht auch manchmal, warum Zugtickets unverhältnismäßig teuer sind? Gerade auch für kurze Strecken muss man ganz schön tief in die Tasche greifen. Das macht den Umstieg zu klimafreundlicheren Fortbewegungsmitteln wie Bahn unattraktiv. Der Grund dafür ist einfach: Zugtickets sind – im Vergleich zu Flugtickets – höher besteuert und das schlägt sich im Preis nieder. Subventionen für das Schienennetz könnten helfen, ebenso weniger Abgaben für die Bahn, eventuell auch eine Kerosinsteuer. Eines wird deutlich: Wir bewegen uns auf dünnem Eis, denn auch hier ist in erster Linie politisches Umdenken gefragt.
e-bikes . © Pixabay.com/Kaffee
Mobilität vermessen
Um zu verdeutlichen, wie Mobilität derzeit in Städten gelebt wird und wie gut vernetzte Regionen künftig aussehen könnten, hat die Heinrich Böll Stiftung den Mobilitätsatlas 2019 veröffentlicht. Er befasst sich mit Themen für die Verkehrswende: alternative Antriebe, lebenswerte Dörfer und die digital vernetzte Welt. Ein wesentlicher Punkt in der herrschenden Verkehrsdebatte ist die Flächengerechtigkeit. Das heißt, Autos benötigen im direkten Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln wie Fahrrädern immer noch zu viel Platz. Doch wie kann man die Wende schaffen? Dazu braucht es überzeugende und vor allem intelligent vernetzte Konzepte, politischen Willen, geändertes Nutzungsverhalten und Aktivisten, sind die Experten der Stiftung überzeugt. Und es braucht best practice Beispiele: Gerade was Flächengerechtigkeit betrifft, lohnt sich ein Blick nach Amsterdam. Dort haben Fahrräder schon längst mehr Platz als Autos eingenommen und auch die Bevölkerung nützt das Angebot und die Möglichkeit.
E-Autos als Lösung?
Um Klimaziele zu erreichen, treten Autos mit Elektroantrieb in den Vordergrund, denn sie sind emissionsfrei. Im Vergleich zu Autos mit Verbrennungsmotoren erzeugen sie keine direkten Emissionen. Doch, was viele nicht wissen, auch Elektroautos tragen einen CO2 Rucksack, der – bis zu einem gewissen Grad – deutlich höher ist als jener bei Autos mit Verbrennungsmotoren. Wie kommt das zustande? Der Antrieb der Elektroautos basiert auf Batteriezellen, deren Herstellung energieaufwendig ist. Sobald das Auto in Betrieb ist und Kilometer abspult, relativiert sich dieser Faktor. Berechnungen des ADAC zufolge bereits ab einer Kilometerleistung von 50.000. Die Reichweite ist für den täglichen Bedarf absolut ausreichend, sie beträgt mehrere 100 Kilometer. Das Aufladen ist – so geeignete Ladestationen zur Verfügung stehen – unproblematisch und kein limitierender Faktor mehr. Lediglich in dünner besiedelten Regionen stehen derzeit noch zu wenig Ladestationen zur Verfügung, ebenso an Hauptverkehrsrouten, speziell wenn man Richtung Süden blickt. Hier besteht also noch Aufholbedarf.
Um den Forderungen des weltweiten Klimaschutzübereinkommens – auch Pariser Klimaziele – gerecht zu werden, sollte der Verkehrssektor bis 2050 klimaneutral werden. Das erfordert nicht nur politischen Willen, persönliches Umdenken, sondern auch die stetige Produktion von Ökostrom, um der Nachfrage an Strom nachzukommen.
Veranstaltungstipp
Wie sieht die Mobilittät der Zukunft aus? Wann kommt es enflich zu der lang ersehnten Verhaltenswende in der Mobilitätsdebatte? Und welche Rolle spielt dabei die Bahn? Diese und viele weitere Fragen diskutieren wir mit hiochkarätigen und internationeln Expert:innen beim 15. Europäischen Schienengipfel am 16 / 17. Mai in Wien.
Details zur Veranstaltung: Europäischer Schienengipfel
Literaturnachweis:
Trend, Die Zeit, Süddeutsche Zeitung, Mobilitätsatlas, Solarify