• Chemisches Recycling von Kunststoffen: Richard von Goetze, Interzero im Gespräch

Der promovierte Chemiker Richard von Goetze ist Head of Strategy und Experte für chemisches Recycling in der Interzero Gruppe. Wir sprechen darüber, was chemisches Recycling ausmacht, wie die Regulatorik das unterstützen kann und welchen Beitrag chemisches Recycling zur Vision einer Welt ohne Abfall leisten kann.

Business Circle: Sehr geehrter Herr Dr. von Goetze, Sie sind Head of Strategy und Experte für chemisches Recycling bei Interzero. Wie sind Sie zu dem gekommen, was Sie jetzt machen und was ist Ihr persönlicher Antrieb, sich gerade mit Kunststoffrecyling zu befassen?
Richard von Goetze: Nach meinem Chemiestudium wollte ich weiterhin an den Themen Abbau von Kunststoffen und Recycling dranbleiben – die haben mich immerhin über viele Jahre an der Universität und in der Forschung beschäftigt. Nach einem kurzen Ausflug in die Unternehmensberatung hatte ich dann die Chance bei Interzero genau wieder das zu tun.

BC: Und ich denke ich darf für viele im Publikum des Circular Economy Exchange sprechen, wenn ich zugeben muss, dass ich mich seit dem Abitur (in Österreich: Matura) nicht mehr mit Chemie beschäftigt habe. Wie können Sie in zwei bis drei Sätzen beschreiben, was Polymerkatalyse ist?
von Goetze: Gerne! Ich habe damals an der Uni Katalysatoren mitentwickelt, um spezielle Kunststoffe möglichst schnell und effizient zu produzieren. Das ist die Aufgabe von Katalysatoren – effiziente Wege zum Produkt ermöglichen und dies nun bezogen auf Kunststoffe.

BC: Eine Frage zur Regulatorik: Was würden Sie sich vom Gesetzgeber wünschen, um chemisches Recycling in größerem Maßstab zu ermöglichen?
von Goetze: Eine Anerkennung von chemischem Recycling als Recyclingmethode unter Berücksichtigung der Priorisierung von mechanischem Recycling. Dabei müssen wir aber noch einige Schritte auf EU- und nationaler Ebene gehen, bevor wir dort ankommen. Beispielsweise mit Blick auf die Massenbilanz, einem Instrument zur Verfolgung nachhaltiger Inputfaktoren.

Die Vision einer Welt ohne Abfall

BC: Daran anschließend: Große Schritte kommen nicht durch gesetzliche Vorgaben, sondern durch Selbstverpflichtung, wenn das Commitment in der Wirtschaft da ist. Welche Kommunikations- und Motivationsstrategie verfolgen Sie gegenüber den Unternehmen, mit denen Sie zusammenarbeiten?
von Goetze: Wir haben das Glück, mit Partnern zusammenzuarbeiten, die unsere Vision einer Welt ohne Abfall teilen. Und, wir verfolgen eine klare Priorisierung des Mechanischen Recyclings vor dem energieintensiveren chemischen Recycling. Letzteres bietet aber die Chance mehr Rohstoffe vor der Verbrennung zu retten als bisher. Dadurch werden Primärressourcen geschont – das ist gemeinsame Motivation genug!

BC: Wie ist in Ihren Augen chemisches Recycling unter Nachhaltigkeitsaspekten zu bewerten? Insbesondere im Hinblick auf Energieverbrauch (und steigender Energiepreise) und eventuelle Emissionen?
von Goetze: Wir haben uns das Thema intensiv angeschaut und kommen, wie die Branche und viele akademische Partner, zu dem Schluss, dass das chemische Recycling immer einen CO2-Vorteil im Vergleich zur Verbrennung bietet.

BC: Kunststoffrecycling erfolgt meistens auf mechanischem Weg über Granulate. Welches Potential hat das chemische Recycling von Kunststoffen, das herkömmliche Verfahren nicht bieten können?
von Goetze: Genau das ist die Abgrenzung! Nur die Fraktionen, die nicht mechanisch recycled werden können, sollten chemisch recycelt werden. Aber auch hier sind Qualitäten und Spezifikationen notwendig, daher kümmern wir uns bei Interzero um Verfahren für die gezielte Aufbereitung von Stoffen für Pyrolyse, Solvolyse und andere chemische Recyclingtechnologien.

BC: Abschließend: Sie werden ja zum ersten Mal bei uns vortragen, was möchten Sie Ihrem Publikum mitgeben und warum halten Sie es für wichtig, dass sich Kreislauf-Enthusiasten noch besser vernetzen?
von Goetze: Kreislaufwirtschaft ist Klimaschutz. Kreislauflösungen tragen entscheidend dazu bei, unseren Planeten zu entlasten. Der nachhaltige Umgang mit Waren und Verpackungen muss aber entlang der gesamten Wertschöpfungskette noch viel mehr verinnerlicht werden und es braucht die richtigen Rahmenbedingungen, damit die Circular Economy sich richtig entfalten kann. Entscheidend hierfür sind auch Allianzen der verschiedenen Akteure. Sich zu vernetzen und auszutauschen – über Projekte, Inhalte und Technologien – bleibt eine Kernaufgabe. Kreislaufwirtschaft ist ein Gemeinschaftsprojekt – dafür bräuchte es noch viel mehr so tolle Formate wie dieses hier.

BC: Sehr geehrter Herr Dr. von Goetze, wir danken Ihnen für dieses Gespräch und freuen uns, Sie zum Circular Economy Exchange zu begrüßen!

blog ace goetze 200

Dr. Richard von Goetze ist Head of Strategy und Experte für chemisches Recycling in der Interzero Gruppe, einem internationalen Unternehmen für Kreislaufwirtschaftsleistungen und innovatives Kunststoffrecycling. Er hat einen Doktortitel in Polymerkatalyse. Bevor er zu Interzero kam, arbeitete er als Berater an internationalen Projekten in der Chemie- und Pharmaindustrie. Beim Circular Economy Exchange am 3. Dezember gestaltet er zusammen mit Beate Edl, OMV einen Deepdive zu den Potentialen des chemischen Recyclings von Kunststoffen.

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