• CS3D - Update und Umsetzung: Ein Gespräch mit Sonja Irresberger, KPMG

Sonja Irresberger ist Director Governance, Risk & Compliance Services und Forensic bei KPMG. Wir sprechen über Vorteile und Herausforderungen der CSDDD und wie Unternehmen sich optimal verhalten, um zukunfts- und wettbewerbsfähig zu sein.

Business Circle: Sehr geehrte Frau Mag. Irresberger, die Schwerpunkte Ihrer Tätigkeit liegen in der Implementierung, Prüfung sowie Zertifizierung von Compliance-Managementsystemen. Was hat Sie dzu bewogen, dass gerade Compliance für Sie Beruf und vielleicht sogar eine Berufung wurde?
Sonja Irresberger: Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass noch viel mehr Unternehmen erkennen, dass die Investition in Prävention zielführender ist als in Reaktion. Dazu möchte ich einen Beitrag leisten.

BC: Die CSDDD zielt darauf ab, menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten entlang der gesamten Wertschöpfungskette sicherzustellen. Welche Unterschiede erwarten Sie bei der Umsetzung in verschiedenen Ländern, und wie könnte dies zu einem "uneven playing field" innerhalb der EU führen?
Irresberger: Gold plating kann ich mir bei keinem Land in Bezug auf die nationale Umsetzung vorstellen. Aber man weiß natürlich nie. Jedenfalls ist in Art 19 vorgesehen, dass seitens Kommission Leitlinien erlassen werden, die Interpretationshilfe für eine EU-weit einheitliche Umsetzung sein sollen.

BC: Die Richtlinie verlangt, dass Unternehmen ihre gesamte Lieferkette im Hinblick auf menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken überprüfen. Wie realistisch ist es, dass gerade kleinere Unternehmen diese Anforderung in der Praxis vollständig umsetzen können?
Irresberger: Kleine Unternehmen fallen nicht in den direkten Anwendungsbereich der CSDDD. Die Richtlinie sieht außerdem vor, dass KMUs von ihren Kunden bei der Erfüllung von Sorgfaltspflichten unterstützt werden sollen. Es wird aber auch für kleinere Unternehmen unumgänglich sein, sich um eine gewisse Transparenz in der Lieferkette zu bemühen.

CSDDD: Early Adopter sein und Wettbewerbsvorteile kreieren.

BC: Wie können Unternehmen die neue Richtlinie nutzen, um ihre ESG-Strategien zu stärken, und welche Rolle spielt hierbei die Governance- und Compliance-Funktion? Welche Empfehlungen haben Sie für das Schnittstellen-Management zwischen ESG, Compliance und Rechtsabteilung?
Irresberger: Die Umsetzung der CSDDD kann auch zu einem Wettbewerbsvorteil führen. Das höre ich aktuell von einigen Unternehmen, dass sie deshalb early adopter sein wollen, damit sie jedenfalls Anforderungen ihrer Kunden erfüllen können. Manche rechnen auch damit, dass es zu einer Bereinigung des Marktes kommt. Im besten Fall nutzt man die intensive Auseinandersetzung mit der Aktivitätenkette, um Optimierungs- und Einsparungspotential zu identifizieren. Besonders wichtig ist dabei die bereichsübergreifende Betrachtung. Die Koordination zwischen ESG, Compliance und Rechtsabteilung sowie vielen mehr ist jedenfalls relevant, um Synergien bestehender Governance System zu nutzen und nicht Parallelstrukturen aufzubauen. Compliance hat dabei auch den Überblick über andere relevante Regularien zB EUDR, NIS 2,… und kann zusätzlich dabei helfen, effizient neue Prozesse zu gestalten. Miteinander reden, ist meine Empfehlung.

BC: Aus Ihrer Beratungspraxis: Welche Erfahrungen haben Sie bisher hinsichtlich Einhaltung der neuen Anforderungen in Unternehmen gesammelt? Gibt es so etwas wie Faustregeln oder typische, häufige Fehler die vermieden werden könnten?
Irresberger: Die Herausforderung in allen Projekten sind die Ressourcen – finanziell sowie personell. Viele sehen auch das große Ganze nicht und fokussieren vorerst nur auf das Reporting, weil die Anforderungen der CSDDD noch nicht erfüllt werden müssen. Auch wenn aktuell der Umsetzungsdruck noch nicht da ist, sollte man immer das Big Picture vor Augen haben, um keine leeren Kilometer zu laufen. Zusätzlich ist es besonders wichtig Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten frühzeitig klar zu definieren. Daran scheitern aktuell auch einige.

BC: Denken Sie, dass China, Indien oder Südamerika auf die EU-Linie einschwenken werden oder vielmehr, dass chinesische Rohstoffabnehmer und Produzenten den selbstauferlegten Nachteil der EU ausnutzen um ihren Einfluss zum Beispiel in Afrika weiter zu verstärken?
Irresberger: Das wird die Zukunft zeigen. Ich habe allerdings schon gehört, dass sich gerade Chinesische Lieferanten auf die bevorstehenden Anforderungen vorbereiten.

BC: Abschließend: Sie kennen ja die „Compliance now!“ schon als Teilnehmerin und haben jetzt den Sprung ins Referententeam geschafft, Glückwunsch dazu! Möchten Sie Ihren bisherigen Eindruck von der Konferenz mit uns teilen?
Irresberger: Die "Compliance now!" ist eine qualitative hochwertige Veranstaltung für die Community und bietet tolle Möglichkeiten zum Austausch. Ich freue mich natürlich heuer besonders darauf, vortragen zu dürfen.

BC: Liebe Frau Mag. Irresberger, vielen Dank für dieses Gespräch!

Blog comp24 kpmg 200

Mag. Sonja Irresberger ist als Director im Bereich Governance, Risk & Compliance Services und Forensic bei KPMG tätig. Ihre Schwerpunkte liegen auf Design, Implementierung, Prüfung sowie Zertifizierung von Compliance-Managementsystemen und sie verfügt über umfangreiche Erfahrung im Bereich Interne Revision. Darüber hinaus ist sie spezialisiert auf die Umsetzung von Sorgfaltspflichten entlang der Wertschöpfungskette insbesondere im Beschaffungsprozess. Im Rahmen der „Compliance now!“ ist sie Gastgeberin eines Impulses zum ThemIrresberger : „CS3D - Update zum Gesetzesentwurf und Ausblick auf die nationale Umsetzung und die aktive Umsetzung in der Compliance“.



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