• E-Mobilität und Kreislaufwirtschaft: Im Austausch mit Patrizia Ilda Valentini

Mag. Patrizia Ilda Valentini ist Head of Mobilize in Österreich, einer Marke der Renault Gruppe, die Dienstleistungen rund um das Fahrzeug anbietet. Wir sprechen über Zukunftsvisionen der Mobilität, und welche Herausforderungen damit auf Politik und Infrastruktur zukommen.

Business Circle: Sehr geehrte Frau Mag. Valentini, Sie sind Head of Mobilize in Österreich. Warum liegt Ihnen gerade die Transformation des Automotive-Bereiches so am Herzen?
Patrizia Ilda Valentini: Mobilize bewegt sich jenseits des Autos, jenseits der Mobilität, dort wo es um Energie Gewinnung, Speicherung, zur Verfügung stellen und laden, sowie auch um neue Technische Lösungen, die das alles im Auto und jenseits des Autos, können sollen. Das ist für einen Autobauer wir Renault eindeutig eine große Innovation und Wandlung in Richtung eines erneuerbaren Energiesystems, aber eben auch eine erneuerbare Mobilität, die mit der Kraft der Sonne, des Wassers und des Windes reist.

BC: Daran anschließend: Was ist Ihre langfristige Vision für Mobilität in Österreich?
Valentini: Mobilität muss in Österreich möglich und erschwinglich sein! Ohne Mobilität kommen wir zum Stillstand mit weitreichenden Folgen für die Gesellschaft, Wirtschaft und unser Wohlergehen. Individualverkehr wird es und muss es weiterhin geben, denn der öffentliche Verkehr findet nicht für jede Lebenslage und wirtschaftliches Treiben das richtige und mögliche Angebot. Intermodalität ist eine Frage des Geldes, der Zeit, der Bereitschaft, der Information und auch der Machbarkeit, um einfach alles unter einen Hut zu bekommen, was man so an Wege im Laufe eines Tages bestreiten muss. Wenn Wege nicht existieren, erschwert, teuer und unsicher sind, wird der Mensch sie einfach nicht nehmen. Sind sie aber intelligent, vernetzt, erschwinglich und sicher, dann wird der Mensch sie auch nutzen. Das gilt es aus meiner Sicht in der Mobilitätsplanung zu berücksichtigen, denn es wird uns nichts nutzen Mobilitätsangebote zu schnüren, die nur wenige akzeptieren. Es braucht also für Österreich ausgewogene Lösungen zwischen dem öffentlichen Verkehr und Individualverkehr, ausgereifte Informationsplattformen für eine vernetzte Intermodalität und leistbare Transportpreise.

BC: Kreislaufwirtschat hat das Ziel, möglichst keine Abfälle zu produzieren und alles in den Rohstoffkreislauf zurückzuführen. Gibt es da schon erste Schritte oder Maßnahmen in Bezug auf Elektrofahrzeuge und deren Batterien?
Valentini: Die Gruppe Renault hat seit 2008 die Kreislaufwirtschaft als so zu sagen DNA in allen Unternehmensbereichen implementiert. Vor zwei Jahren wurde dann THE FUTURE IS NEUTRAL ins Leben gerufen, ein Vorreiter in Sachen Kreislaufwirtschaft. Dabei handelt es sich um eine offene Plattform, die der gesamten Automobilindustrie zugutekommen soll. THE FUTURE IS NEUTRAL hat 2023 einen Umsatz von fast 1 Milliarde Euro gemeldete und vor einigen Monaten wurde ihre neue Tochtergesellschaft THE REMAKERS gründete, die das erste Kreislaufwirtschaftsangebot für Elektrofahrzeuge in Europa bereitstellt. Das Kreislaufwirtschaftsengagement zeigt sich aber auch am Beispiel der neuesten Elektroquads MOBILIZE DUO und MOBILIZE BENTO, die CO2 frei produziert werden, aus 40% Rezyklaten inkl. Batterie gebaut sind, zu 93% recycelt werden können und eine urbane, platzsparende Mobilität und letzte Meile ermöglichen. Diese elektrischen und erschwinglichen Mobilitätslösungen mit Kreislaufwirtschaft zum Erfahren kommen nächstes Jahr in Europa auf die Heimmärkte.

BC: Befürchten Sie, dass steigenden Strompreise eine Bedrohung für die Verbreitung von Elektrofahrzeugen darstellen? Wie könnte man dem entgegenwirken?
Valentini: Generell sind steigende Energiepreise eine große Herausforderung für die Gesellschaft, denn das schürt die Inflation und jede Bürgerin und jeder Bürger bekommt das schmerzhaft in vielen Lebenslagen zu spüren. Eine Volkswirtschaft, die produzieren, konsumieren und vielleicht auch sparen soll und kann, braucht eine Energiepolitik, die die Mobilität, das Heizen und das Produzieren nicht einschränkt, sondern eben durch günstige Strompreise fördert. Sind diese Rahmenbedingungen nicht gegeben, kommt es zu Unternehmensabwanderungen, damit Verlust von Arbeitsplätzen, Verarmung der Gesellschaft und natürlich auch eine Reduktion der Mobilität allgemein, denn diese wird weder den Individualverkehr mit einem Elektroauto noch die öffentlichen Verkehrsmittel begünstigen.

Immer noch erhebliche Eintrittsbarrieren zur Elektromobilität

BC: Die Elektromobilität wird (derzeit noch) von politischen Anreizen unterstützt. Wie abhängig sehen Sie das ganze Konzept der Elektromobilität von diesen staatlichen Unterstützungen und welche Risiken erwarten Sie für die Zukunft hinsichtlich möglicher politischer Veränderungen?
Valentini: Dank den Bundesförderungen und den unzähligen Regionalförderungen, sowie den Förderprogrammen EBIN und ENIN, wurden notwendige Anreize gesetzt, um auf die Elektromobilität umzusteigen. Dort wo solche Anreize gestrichen worden sind, ist die Bereitschaft elektrisch zu fahren ganz einfach zurück gegangen. Die fehlende Ladeinfrastruktur und Preisintransparenz der Ladeanbieter, aber auch die Ladedauer und die Reichweite der Elektrofahrzeuge selbst, bleiben die größten Sorgen der Fahrerinnen und Fahrer und stellen nach wie vor eine erhebliche Eintrittsbarriere zur Elektromobilität dar. Ohne steuerliche Erleichterungen, wie Entfall des Sachbezugs für Dienstwagenfahrer, Förderungen für intelligente Ladekabel und Wallboxen, sowie Förderungen für die Elektrofahrzeuge, wird der „elektrische“ Durchbruch auf der Straße nicht stattfinden. Wenn man politisch auf die Elektromobilität setzt, muss man parallel für den Ausbau der Energiequellen, der Netze, sowie der Ladeinfrastruktur, aber auch für die Errichtung öffentlicher und privater Ladepunkte Rahmenbedingungen schaffen, die nicht nur die Stromversorgung der Zukunft sichern, aber eben auch die Mobilität gewährleistet. Die Stromproduktion und -versorgung muss für ein Morgen nicht nur das Heizen und Kühlen unserer Haushalte, die Produktion und Landwirtschaft bedenken, sondern eben auch die Straße, die eine deutliche Nachfrage darstellen wird. Das Gleichgewicht dieser „kommunizierenden Gefäße“ zu halten, wird für jede politische Kraft in Europa eine große Herausforderung darstellen.

BC: Abschließend: Sie haben ja schon zweimal an einer unserer Konferenzen teilgenommen, um jetzt den Sprung in die Speaker-Faculty zu schaffen. Herzlichen Glückwunsch dazu! Möchten Sie Ihren bisherigen Eindruck mit uns teilen und worauf freuen Sie sich beim Circular Economy Exchange am meisten?
Valentini: Von der Theorie in die Praxis, vom Kleinen ins Große: das erlebe und beobachte ich schon viele Jahre im Bereich der Kreislaufwirtschaft und auf Veranstaltungen wie dem Circular Economy Exchange. Ich freue mich zu sehen, dass aus nachhaltigen Visionen, Realität werden kann und das dabei wirtschaftliche Forderungen nicht nur bedient werden können, sondern eben auch dabei ein nachhaltiger Umgang mit unserem Planet Erde möglich ist! Ich freue mich am Kreislaufwirtschaftstag zu sehen, wo und was in den „Töpfen so brodelt“, was bereits in die Umsetzung geht oder auch schon umgesetzt wurde. Der Austausch ist dabei eines der wertvollsten Kräfte solcher Veranstaltungen, denn dann ist Vernetzung möglich auf der vieles Neues und Gutes entstehen kann.

BC: Sehr geehrte Frau Mag. Valentini, wir danken Ihnen für dieses Gespräch und freuen uns, Sie beim Circular Economy Exchange zu begrüßen!

blog ace valentini 200

Mag. Patrizia Ilda Valentini ist Head of Mobilize in Österreich, die vierte Marke der Renault Gruppe, die Dienstleistungen rund um das Fahrzeug anbietet, sowie auch die Etablierung wertschöpfender Kreislaufwirtschaft verfolgt. Darüber hinaus ist sie Mitglied des burgenländischen Innovationslabors act4.energy und Botschafterin sowie Mitglied des Beirates der „Austrian Automotive Transformation Platform“. Beim Circular Economy Exchange 3.0 teilt sie ihr Wissen im Rahmen des Deep Dives „Energie- und Rohstoffverbrauch aktiv über strategische Bausteine im Sinne der Kreislaufwirtschaft senken und im Reporting richtig abbilden“.

Foto Credits: PELZL-MAIRWÖGER. | ©SP-MEDIEN | Business Circle

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